Beitrag erstellt: Mai 25, 2021

Wir müssen unser Schulsystem endlich umkrempeln!

Lea Janzen

Wenn du Säuglinge beim Lernen beobachtest, kannst du bei fast allen Kindern einen angeborenen Entdeckungsdrang erkennen. Niemand muss ein Kind zwingen Laufen oder Sprechen zu lernen, das wollen die Kleinen von ganz alleine. Wenn du deine eigene Motivation damit vergleichst, könnte die folgende Frage aufkommen: Hört das im Alter von 3 Jahren irgendwie auf? Ich denke nicht. Das System fördert diesen natürlichen Wissensdrang nur irgendwann einfach nicht mehr.

Der Lerndruck beginnt für viele bereits im Kindergarten. Nicht Wenige lernen hier erste Fremdsprachen wie Chinesisch oder Englisch. Das hat klar Vorteile, aber mit intrinsischer Lernmotivation hat das in vielen Fällen nichts zu tun. Spätestens wenn du dir die Zustände in unseren Schulen anschaust, ist der Verlust des natürlichen Wissensdrangs keine große Überraschung mehr: 30 Kinder werden von einer Lehrkraft unterrichtet und von allen wird erwartet auf demselben Wissensstand zu sein. Alle Kinder müssen im selben Tempo lernen und werden am Ende in sechs Kategorien von ‘sehr gut’ bis ‘ungenügend’ eingeteilt.

In der 4. Klasse wird der Wissensstand der Kinder genutzt, um sie weiter einzuordnen. Alles muss fein säuberlich in Schubladen gesteckt werden und so wird im Alter von 10 bis 12 Jahren in vielen Fällen nicht nur über die weiterführende Schule, sondern den Lebensweg des Kindes bestimmt. Abgänger:innen der Hauptschule werden eine praktische Ausbildung machen und Abgänger:innen des Gymnasiums studieren.

Wie kann es sein, dass wir ein Schulsystem durchlaufen und das von Angst und Panik geprägt ist? Lernen kann und sollte Spaß machen. Doch das Problem lässt sich nicht von heute auf morgen lösen. Wie bei so vielem im Leben braucht Veränderung auch hier Zeit und Umdenken. Ja, vor allem Umdenken. Ach ja, und neue Gesetze.

Umdenken bei den Lehrenden, sodass sie sich selbst als Lernbegleiter:innen oder Coaches wahrnehmen. Umdenken bei den Eltern, sodass kein (Leistungs-)Druck von zu Hause kommt. Umdenken bei den zuständigen Ämtern, sodass Kinder gefördert und nicht nur gefordert werden.

Aber wie soll das gehen? Dafür gibt es leider keine Universallösung. Das System an die heutige Zeit und die damit verbundenen Bedürfnisse und Möglichkeiten auzupassen, wäre ein erster wichtiger Schritt. Ebenso die Bereitschaft zur ständigen Veränderung und der Ausbruch aus starren Schulsystemen. Es entwickelt sich alles rasend schnell weiter. Schüler*innen die jetzt zur Schule gehen, werden in Berufen arbeiten, die es jetzt noch gar nicht gibt.

Weiter sollte in den Schulen das Lernen ganzheitlich betrachtet werden. Anstatt der bestehenden Fächer sollte es Projekte geben, die ein Thema fächerübergreifend betrachten. Wenn man sich den Klimawandel anschaut, gibt es einen Zusammenhang zu fast allen Fächern. Wie hängt unser persönliches Leben damit zusammen? Wie wirkt sich der Klimawandel auf unsere Wirtschaft und Politik aus? Wie kann ich den CO2-Ausstoß von Griechenland berechnen? Wie wird der Klimawandel in Gedichten behandelt? Kann man den Klimawandel künstlerisch darstellen?

Dabei kann der Unterricht durch Tablets und Computer unterstützt werden, damit Kindern ein sinnvoller Umgang mit Medien beigebracht wird. Screentime ist eben nicht gleich Screentime und von zu Hause kennen wir alle den unterhaltenden Teil der neuen Medien, jedoch nicht unbedingt den lehrenden.

Das klare Ziel sollte weiterhin sein, dass alle Kinder am Ende dieselben Grundlagen beherrschen. Nur sollte jedes Kind in seinem eigenen Tempo arbeiten dürfen. Eine mögliche Herangehensweise wäre es, Lernweg zu den Themen zu erstellen und die Kinder erarbeiten sich anhand von Meilensteinen die einzelnen Inhalte selbst. Wenn das Kind sich bereit fühlt, schreibt es seine Arbeit und wenn diese bestanden wurde, kann es am nächsten Meilenstein weiter arbeiten. So wird sichergestellt, dass alle Kinder denselben Wissensstand haben. Aber zu der Zeit, die für sie richtig ist.

Lernen Kinder in so einem “freien” System überhaupt? JA! Denn wie am Anfang erwähnt, haben Kinder bzw. Menschen einen natürlichen Wissensdrang. Dieser sollte von Lehrenden und Eltern unterstützt und nicht durch Leistungsdruck unterdrückt werden.