Summen
In diesem Artikel erklären wir euch die Regeln und Berechnung von $\textbf{Summen}$. Dafür führen wir zunächst das Summenzeichen als abkürzende Schreibweise ein und betrachten Regeln, welche uns zum Einen die Aufstellung solcher Summen, aber zum Anderen auch die Berechnung erleichtern werden. Abschließen werden wir das Kapitel mit dem Übergang zu Folgen von Partialsummen, den sogenannten $\textbf{Reihen}$, deren Berechnung und Aussagen über Konvergenz.
Das Summenzeichen
Um das Arbeiten mit Summen zu vereinfachen, bedienen wir uns am griechischen $\Sigma$ (Sigma). Betrachten wir folgende Summe:
\begin{align*}
1+3+5+7+9+…+2019
\end{align*}
Wir stellen fest, dass es sich bei den Summanden um alle ungeraden Zahlen zwischen $1$ und $2019$ handelt. Eine ungerade Zahl können wir stets in der Form $2k-1$ für ein $k\in\mathbb{N}$ darstellen. Setzen wir für $k$ die Zahlen $1$, $2$ und $3$ ein, ergibt sich $2\cdot 1 -1 = 1$, $2\cdot 2 -1 = 3$ und $2\cdot 3 -1 =5$. Es genügt also zu wissen, welche Werte von $k$ wir überhaupt brauchen. Da $2\cdot 1-1 = 1$ und $2\cdot 1010 -1 =2019$ ist, benötigen wir alle $k$ zwischen $1$ und $1010$. Damit lässt sich die oben aufgeführte Summe verkürzt schreiben als:
\begin{align*}
1+3+5+7+9+…+2019=\sum_{k=1}^{1010} 2k-1
\end{align*}
- Summationsanfang (hier: $k=1$)
- Summationsvorschrift (hier: $2k-1$)
- Summationsende (hier: $k=1010$).
Hinweis: Das $k$ beim Summationsende wird in der Regel zur besseren Übersicht weggelassen.
Eigenschaften des Summenzeichens
Ähnlich, wie wir es bereits für zwei Summanden kennen, gelten analog für Summen mit beliebig vielen Summanden Pendants zu Gesetzen wie dem Assoziativ- und dem Distributivgesetz. Im Allgemeinen sprechen wir hier von dem Begriff der \textbf{Linearität}. Damit das Ganze übersichtlicher erscheint, stellen wir diese und weitere Eigenschaften in der folgenden Übersicht dar.
2. $\displaystyle\sum_{k=1}^{n}a_k= \sum_{k=1}^j a_k + \sum_{k=j+1}^n a_k$ Eine Summe lässt sich an jedem Punkt in zwei Summen teilen.
3. $\displaystyle\sum_{k=1}^{n+1}a_k= \left(\sum_{k=1}^{n}a_k\right)+a_{n+1}$ Nach 2. lässt sich der letzte Summand einzeln notieren.
4. $\displaystyle\sum_{k=1}^n a_k = a_1 + \sum_{k=2}^n$ Nach 2. lässt sich auch der erste Summand einzeln notieren.
5. $\displaystyle\sum_{k=1}^{n}c\cdot a_k = c\cdot\sum_{k=1}^{n}a_k$ Ein von $k$ unabhängiger Faktor darf aus der Summe gezogen werden.
6. $\displaystyle\sum_{k=1}^{n}a_k = \sum_{i=1}^{n}a_i$ Es ist egal, mit welchem Buchstaben der Summationsindex bezeichnet wird.
7. $\displaystyle\sum_{k=1}^n \left(a_k+b_k\right)=\displaystyle\sum_{k=1}^na_k+\sum_{k=1}^nb_k$ Eine endliche Summe einer Summe darf umgeordnet werden.
8. $\displaystyle\sum_{k=1}^n 1 = n\cdot 1$ Hängt die Summe nicht von $k$ ab, so ist die Anzahl der Summanden für den Wert der Summe entscheidend.
Anschließend betrachten wir ein \textbf{Beispiel}, in welchem viele der oben aufgeführten Regeln angewendet werden. Versuchen wir mit diesen den folgenden Term so weit wie möglich zu vereinfachen, folgt diese Umformung:
\begin{align*}
\begin{array}{rl}
&\sum_{k=4}^{n}a_k+\sum_{k=1}^{n+3}a_k+\sum_{k=1}^{n}a_k+\sum_{k=2}^3 a_k – \sum_{i=1}^n a_i-a_1+2\cdot\sum_{k=1}^1 a_k+2a_{n+1}-\sum_{k=n+1}^{n+3}a_k\\
=&\underbrace{\left(\sum_{k=2}^3a_k+\sum_{k=4}^na_k\right)}_{\text{Regel 2}}+\underbrace{\left(\sum_{k=1}^na_k-\sum_{i=1}^na_i\right)}_{\text{Regel 6}}+\underbrace{\left(\sum_{k=1}^{n+3}a_k-\sum_{k=n+1}^{n+3}a_k\right)}_{\text{Regel 2}}+\left(2\cdot\sum_{k=1}^1a_k-a_1\right)+2a_{n+1}\\
=&\sum_{k=2}^{n}a_k+0+\sum_{k=1}^na_k+\left(2a_1-a_1\right)+2a_{n+1} = \underbrace{\left(\sum_{k=2}^na_k+a_1\right)}_{\text{Regel 4}}+\sum_{k=1}^na_k+2a_{n+1}\\
=&\sum_{k=1}^n a_k +\sum_{k=1}^n a_k +2a_{n+1}=2\cdot \sum_{k=1}^n a_k + 2a_{n+1}=2\cdot\underbrace{\left(\sum_{k=1}^n a_k+a_{n+1}\right)}_{\text{Regel 3}}=2\cdot \sum_{k=1}^{n+1} a_k
\end{array}
\end{align*}
Der kleine Gauß
Nun möchten wir die erste Regel zur Berechnung von Summen einführen. Diese trägt basierend auf einer Anekdote des Mathematikers Carl Friedrich Gauß den Namen \glqq „der kleine Gauß“. Die eigentliche Aufgabenstellung hierzu war die Berechnung der ersten $100$ natürlichen Zahlen, also
\begin{align*}
1+2+3+…+100 =~?
\end{align*}
Wir duplizieren diese Summe und schreiben sie in verkehrter Reihenfolge in eine zweite Zeile, also genau so:
\begin{align*}
\begin{array}{ccccccccccccc}
0&+&1&+&2&+&…&+&98&+&99&+&100\\
100&+&99&+&98&+&…&+&2&+&1&+&0
\end{array}
\end{align*}
Wir erkennen, dass die Summe in jeder Spalte stets den Wert $100$ ergibt. Die Anzahl der Spalten beträgt in diesem Beispiel $101$ (da wir die $0$ mitzählen müssen). Dementsprechend erhalten wir als Wert der doppelten Summe $101\cdot 100$. Es gilt:
\begin{align*}
1+2+3+…+100 = \frac{100\cdot 101}{2} = 5.050
\end{align*}
Verallgemeinern lässt sich dies auch für eine beliebige Anzahl von Summanden, sodass wir damit die Regel des kleinen Gauß aufschreiben können:
$\textbf{Regel des kleinen Gauß:}$
\begin{align*}
\sum_{k=1}^{n} k = \frac{n\cdot (n+1)}{2}
\end{align*}
Mit Hilfe der oben aufgeführten Regel wollen wir nun folgenden Term berechnen:
\begin{align*}
\sum_{k=1}^{50} \left(3k-2\right)
\end{align*}
Dafür wenden wir zunächst Regeln 5. und 7. aus unserer Übersicht an, um anschließend mit Hilfe des kleinen Gauß‘ sowie Regel 8. die Summen zu berechnen:
\begin{align*}
\sum_{k=1}^{50} \left(3k-2\right)&=\sum_{k=1}^{50} 3k – \sum_{k=1}^{50} 2 =3\sum_{k=1}^{50} k-2\sum_{k=1}^{50}1\\
&=3\cdot\frac{50\cdot 51}{2} – 2\cdot 50 =3.825 – 100= 3.725
\end{align*}
Die geometrische Summenformel
Die zweite Rechenregel, die wir uns anschauen, ist die sogenannte \textbf{geometrische Summenformel}. Die Herleitung möchten wir an dieser Stelle nicht betrachten, da sie zum eigentlichen Rechnen wenig beiträgt. Diese Summenformel wird oft beim Summieren von Potenzen angewandt. Im Folgenden werden wir verschiedene Formen darstellen. Dabei sei angemerkt, dass jede Darstellung für sich genommen korrekt ist. Es wird sich aber zeigen, dass manche Definitionen in manchen Situation weniger Rechenaufwand mit sich bringen. Eine nicht zwingende, aber unterstützende Vorgehensweise wäre damit die Folgende:
$\textbf{Vorgehensweise:}$
1. Liegt eine Summe von Potenzen vor?
2. Falls ja, was ist $q$?
3. Beginnt die Summe bei $k=0$, ist der erste Summand gleich $1$, beginnt die Summe bei $k=1$, ist der erste Summand gleich $q$ oder beginnt die Summe sogar erst ab einem höheren Wert $k=j$, also ist der erste Summand eine höhere Potenz $q^j$?
4. Ist $q$ größer oder kleiner als $1$?
Die zugrunde liegende Summenformel lautet dabei für $q\neq 1$:
\begin{align*}
\sum_{k=0}^n q^k &= \frac{1-q^{n+1}}{1-q}
\end{align*}
Anhand der Antworten der obigen Fragenliste betrachten wir leicht abgewandelte Formen. Beginnt die Summe erst bei $k=1$, so betrachten wir
\begin{align*}
\sum_{k=1}^n q^k &= \frac{1-q^{n+1}}{1-q}-1.
\end{align*}
Seltener beginnt die Summenformel erst bei einer höheren Potenz, hier $q^j$. Dies resultiert dann meist in der Berechnung von zwei Summen:
\begin{align*}
\sum_{k=j}^n q^k = \frac{1-q^{n+1}}{1-q} -\sum_{k=0}^{j-1} q^k = \frac{1-q^{n+1}}{1-q}- \frac{1-q^j}{1-q} =\frac{q^j-q^{n+1}}{1-q}
\end{align*}
Zusätzlich lohnt es sich bei einem Wert von $q>1$ die Reihenfolge zu ändern, also
\begin{align*}
\sum_{k=0}^n q^k = \frac{q^{n+1}-1}{q-1}
\end{align*}
zu berechnen, um weniger Probleme mit negativen Vorzeichen zu bekommen, die sonst im Zähler und Nenner entstehen. Wichtig ist hierbei, dass dies nur erlaubt ist, wenn die Reihenfolge sowohl im Zähler als auch im Nenner getauscht wird! Natürlich können wir bei den angepassten Beispielen, bei denen die Summe nicht mit $k=0$ beginnt, ebenfalls die Reihenfolge ändern. Wir schauen uns das an zwei Beispielen mal genauer an:
$\textbf{Beispiel}$ Wir betrachten die Summe:
\begin{align*}
1+\frac{1}{2}+\frac{1}{4}+\frac{1}{8}+\frac{1}{16}+…+\frac{1}{2048} =~?
\end{align*}
Hierbei gehen wir der Einfachheit halber nach der empfohlenen Weise vor. Wir erkennen, dass es sich um eine Summe von Potenzen handelt, nämlich mit $q=\frac{1}{2}$, denn die ersten Potenzen von $q$ sind $q^0=1$, $q^1 =\frac{1}{2}$, $q^2=\frac{1}{4}$ und $q^3=\frac{1}{8}$. Um den obersten Index zu bestimmen, rechnen wir nach, dass $\left(\frac{1}{2}\right)^{11}=\frac{1}{2048}$ gilt. Damit erhalten wir die kompakte Schreibweise:
\begin{align*}
1+\frac{1}{2}+\frac{1}{4}+\frac{1}{8}+\frac{1}{16}+…+\frac{1}{2.048} = \sum_{k=0}^{11} \left(\frac{1}{2}\right)^k
\end{align*}
Da die Summe mit $1$ also $q^0$ beginnt und zusätzlich $\frac{1}{2}<1$ ist, berechnen wir den Wert der Summe wie folgt: \begin{align*} \sum_{k=0}^{11} \left(\frac{1}{2}\right)^k=\frac{1-\left(\frac{1}{2}\right)^{12}}{1-\frac{1}{2}} =\frac{1-\frac{1}{4.096}}{\frac{1}{2}} =2\cdot \frac{4.095}{4.096} =\frac{4.095}{2.048}\approx 1{,}9995 \end{align*} $\textbf{Beispiel}$ Wir betrachten die Summe: \begin{align*} 100+1.000+10.000+...+10.000.000.000 =~? \end{align*} Wir erkennen, dass die Summe nicht bei $1$ beginnt. Für den Wert $q$ springen eventuell schnell die Werte $10$ und $100$ in den Vordergrund. Dabei können wir $100$ ausschließen, da $100^2=10.000$ nicht der zweite Summand ist. So folgern wir, dass $q=10$ gilt. Der erste Summand ist dabei $100=10^2$ und der Letzte $10.000.000.000 =10^{10}$. Da $q=10>1$ ist, berechnen wir die Summe wie folgt:
\begin{align*}
\sum_{k=2}^{10} 10^k = \frac{10^{11}-1}{10-1}-\frac{10^2-1}{10-1} =11.111.111.111 – 11 = 11.111.111.100
\end{align*}